Hengsthaltung in der Gruppe 

                                               

Da immer mehr Freizeitrassen in Eigenregie und somit auch Privatleute öfter Hengste halten, möchte ich verschiedene Haltungsformen kurz vorstellen. Unsere Haltung ist eine Kombination von Gruppen-, Herden- und Familienhaltung, dazu später mehr. Generell hat ein Hengst diesselben Ansprüche an sein Umfeld wie eine Stute oder ein Wallach. Dabei erfordert Hengsthaltung viel Fingerspitzengefühl, eine gute Beobachtungsgabe, Platz und Sachkunde! Alle Haltungsmodelle setzen einen optimal sozialisierten Hengst voraus! Ob Ihr Hengst in Gesellschaft leben kann entscheidet nicht sein Geschlecht, sondern seine sozialen Fähigkeiten und Kompetenzen. Daher beginnen wir mit dem Hengsttraining bereits im Fohlenalter um die Erlangung sozialen Kompetenzen zu fördern. Für uns sind sozialen Kompetenzen und ein strukturiertes Platzangebot der Schlüssel zur erfolgreichen Hengsthaltung.

 

Soziale Kompetenzen des Pferdes

Urvertrauen, Wahrnehmung, Herdenfähigkeit, Motivation, Kooperation, Konfliktfähigkeit, Kommunikation, emotionale Intelligenz, Flexibilität, Fleiss und  Enagement 

Soziale Kompetenzen des Halters

der Halter sollte die Kompetenzen seines Hengstes ebenfalls verinnerlicht haben und mit Führungskompetenz, Umsetzungskompetenz, Motivierungsvermögen, Empathie, Kritikfähigkeit und Teamfähigkeit  ergänzen.

 

Nutzen der Sozialen Kompetenzen

Hier legt der Züchter/Halter einen Grundstein für das gesamte Leben. Geprägt wird z.B. der Lerntyp und das Menschen- und Pferdebild. Es vereinfacht die Ausbildung ungemein, wenn men weiß wie man seinen Hengst motivieren kann! 

Unsere Fohlen werden in der Herde geboren. Die Herde hat stabile und familiäre Strukturen und ist über viele Jahre gewachsen. Wir selektieren seit zehn Jahren auf Menschenfreundlichkeit und Umgänglichkeit. Wir haben nur wenige Tiere zugekauft, und wenn nur aus großen Herden mit intaktem Sozialgefüge. Es waren fast nur Jungtiere, meist Absetzer, da wir die Erfahrung gemacht haben das es sehr aufwendig ist einem isoliert aufgewachsenem Hengst die sozialen Kompetenzen beizubringen und nicht ohne Risiko! 

Neben alltäglichen Dingen wie überall berühren lassen, Hufe geben, anbinden lassen, aufhalftern und führen lassen sind einige Dinge für einen späteren Hengst besonders wichtig und lassen sich bereits mit einem Jungtier üben: 

*das Fohlen beobachtet bei seiner Mutter und seinem Vater, dass sie sich dem Menschen gerne und selbstverständlich unterordnen

*der Mensch darf jederzeit ein Tier aus der Herde entfernen

*der Hengst geht allein zügig, ohne stocken und schreien 

*kann auch für kurze Zeit allein bleiben

*beim zurück in die Herde bringen wartet er bis der Mensch! sagt "Du kannst gehen" und der Hengst in Ruhe geht

 

...klingt einfach... 

...aber wie kann man das erreichen? Nicht mit Gewalt! Wer seinen Hengst mit Schlägen, Grobheit und Angst regiert nimmt ihm nicht nur den Ausdruck, Charakter und Persönlichkeit sondern hält sich eine gequälte Zeitbombe! Konsequentes, liebevolles üben, unterstützt mit Stimm- und Futterlob, bringt dem Hengst erwünschtes Verhalten bei und gibt ihm Gelegenheit unerwünschtes Verhalten zu erkennen und zu unterlassen. Ihr Hengst meint es nicht böse oder persönlich wenn er öfter als Ihre Stute oder Ihr Wallach Entscheidungen hinterfragt. Es liegt in seinen Genen. Er ist seit Jahrtausenden auf Mut, Kampfbereitschaft und Fortpflanzung geprägt. In der Natur schafft es nur der Ranghöchste sich eine Stutengruppe zu sichern und zu vermehren. Er muss sich permanent behaupten um seine Position zu behalten- warum sollte er seine Position also bei Ihnen nicht überprüfen?

Dominanz- ein Wort in aller Munde! Um seine Ziele zu erreichen braucht man sich nicht zwingend auf eine körperliche Auseinandersetzung einzulassen. Pferde unter sich könnten schwer verletzt werden und somit wäre es unmöglich das Ziel zu erreichen. Aus diesem Grund beherscht Ihr Pferd unterschiedliche Kommunikationsmöglichkeiten:

 

Eskalation

imponieren, selbstsicheres drohen, Scheinangriffe, verfolgen, treiben, dann erst beißen und/oder treten

 

Deeskakation

Beschwichtigungsverhalten wie Fohlenkauen oder  Maul lecken, klein machen, abwenden, weggehen, flüchten, unsicheres drohen

 

auch hier setzen wiederum die sozialen Kompetenzen an!

 

Trotz derselben Bedürfnisse wie Stuten und Wallache hat gibt es doch einige Besonderheiten, die uns aufgefallen sind. Das sind subjektive Beobachtungen unser eigenen Hengsthaltung. Hengste haben ein stärker ausgeprägtes Bewegungsbedürfniss, sind impulsiver und nutzen mehr Pfade innerhalb ihres Gebietes. Beim fressen auf einem Fleck wird mehr vor und zurück gegangen und der Fressplatz gewechselt. Der Kalorienverbrauch ist höher durch ständiges beobachten, Zusammenhalten der Herde und durch Schau- und Abwehrverhalten potentieller Konkurrenten. Bereits Hengstfohlen bauen, entsprechende Möglichkeit vorausgesetzt, eine enge Bindung zu ihrer Bezugsperson auf.

 

 

 Andera übt mit Souli aufstellen und still stehen. Sie hat seine Aufmerksamkeit verloren und holt sie gleich zurück

 

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Entwicklungsphasen 

 0 Jahre: Prägung und üben von Kampfspielen

1-2 Jahre: erreichen der Geschlechtsreife und Ausprägung des Geschlechtstyps

2-3 Jahre: Junghengste werden vertrieben und organisieren sich neu

3 Jahre: Entwicklung des Treibeverhaltens

4 Jahre: Treibverhalten ist voll ausgeprägt

6-9 Jahre: der ranghöhste Hengst sichert sich eine eigene Stutengruppe

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Gruppenhaltung

der Hengst lebt in einer Gemeinschaft mit anderen Hengsten oder Wallachen beliebiger Anzahl. In dieser Haltungsform leben die männlichen Tiere ohne weibliche Kontakte und so werden Streitigkeiten durch fehlende Hormonspitzen verringert. Aber man sollte auch hier die Risiken nicht unterschätzen! Es reicht eine ausgebrochene oder vorbeigehende Stute am Zaun um aus guten Freunden erbitterte Rivalen zu machen!

 

 
Herden- und Familienhaltung

der Hengst lebt in einer Stutenherde, ist bei Geburten dabei und läuft mit Müttern und Fohlen. Ein entscheidener Punkt für das gelingen des Modells ist die Fluktuation der Herde. Werden Stuten entnommen oder fremde Stuten regelmäßig vergesellschaftet? Bekommen die Stuten Fohlen von "fremden" Hengsten? Wenn ja, wie reagiert der Hengst darauf? Ich glaube fest daran das Hengste ihre Fohlen über den Geruch erkennen. Wir haben Amethyst eine Stute mit Saugfohlen in die Herde gestellt, welches in künstlicher Besamung gezeugt wurde. Er konnte also nicht durch Erinnerungen an den Deckakt oder die Stute wissen ob es sein Fohlen war. Trotzdem erkannte er sein Fohlen. Nach fünf Deckjahren mit Amethyst, der sehr freundlich zu allen Fohlen ist, können wir einen Verhaltensunterschied zwischen seinen und fremden Fohlen erkennen. Auch gehen die Stuten anders mit dem Kindsvater, als mit einem neuen Deckhengst um. Das Fohlen wird deutlich besser abgeschirmt. Was tue ich mit  rossenden Nachkommen die altersbedingt nicht gedeckt werden sollen?  Ein weiterer wichtiger Punkt sind die geborenen Hengstfohlen. Jeder Hengst hat eine individuelle Toleranzgrenze wielange die Hengstfohlen in seiner Herde bleiben dürfen. Durch stabile Umzäunungen ist dem Jüngeren der Fluchtweg versperrt und es kann zu Verletzungen bis zur Tötung kommen. Hier ist viel Fingerspitzengefühl erforderlich.

 

Bei der Familienhaltung steht der Hengst ausschließlich mit seinen Nachkommen zusammen und sorgt für permanenten Nachwuchs. Der Mensch muss für Selektion der Nachkommen sorgen.

Unser Haltungsmodell

Bei uns leben mehrere Hengste ganzjährig miteinender zusammen. Im Frühling stehen unsere Hengste Fremdstuten zu Verfügung, einzelne gehen mit "ihren eigenen" Stuten und Fohlen auf Weide und verbringen miteinander ihren Sommer. Hier zeigt sich der unterschiedliche Charakter der einzelnen Hengste. Der eine duldet den Rivalen mit seinen Stuten direkt Zaun an Zaun, der andere bevorzugt mindestens vier Meter Abstand. Souli duldet auch noch Jährige und Zweijährige in seiner Herde, achtet aber auf Abstand zu seinen rossenden Stuten.

Zum Ende der Decksaison beziehen die Jungs wieder ihre Herren-Wg bei den Daheimgebliebenen und leben miteinander bis zum nächsten Frühling. Als Vorteil sehe ich zur permanenten Familienhaltung das wir genau steuern können, wer und wann gedeckt wird und das die Jungs die Stuten nicht als ihren dauerhaften Besitz sehen. Wir machen das mittlerweile seit fünf Jahren und unsere Hengste verstehen sich gut.

Um diese Abläufe zu gewährleisten gibt es einige Rituale, hier ein Beispiel. Natürlich wissen die Hengste wenn ein fremder Hänger kommt das einer von ihnen Damenbesuch bekommt! Wenn wir einen Hengst zum decken holen hat er sein Halfter auf und an dieses Halfter kommt eine bestimmte Kette. Die Kette wird anstatt dem Strick im unteren Ring eingehakt (nicht über die Nase). Jetzt weiß der Hengst Bescheid und kann zwischen decken und arbeiten unterscheiden. 

 

 Unser Stall

besteht aus Holz, ist vorderseits komplett offen um jederzeit ein verlassen in jeder Situation zu ermöglichen. Im Stall befindet sich hälftig ein deckenhoher Raumteiler um Rangniederen eine Rückzugsmöglichkeit zu bieten. Allerdings stehen auch oft alle in einer Stallhälfte um zu dösen.

Der Großteil des Auslaufs ist gepflastert um trockenes stehen zu gewährleisten. Dem Offenstall gegenüber befindet sich der Fressplatz von sieben Metern. Diese Größe hat sich bewährt , um zu vermeiden das sich rangniedere Tiere nicht an den Fressplatz trauen und um dem bein fressen genetisch veranlagten Wanderverhalten nachkommen zu können. 

Daran schließt sich ein l-förmiger Sandteil an, der als Toilette der stubenreinen Hengste, zum wälzen, scharren und spielen genutzt wird. An den Offenstall schließt direkt eine kleinere Weide an, die zum anweiden, als Winterauslauf usw. genutzt wird. Wir haben versucht zusätzliche Gestaltungselemente wie Baumstämme als Raumteiler, Wasser und Heu möglichst räumlich getrennt usw. einzuplanen. Wir lernen durch Beobachtungen unserer Jungs täglich dazu und versuchen ihr Zuhause zu optimieren! 

Spielzeuge wie Futterbälle, mit Heu gefüllte Regentonnen oder Petzibälle werden unterschiedlich und nach Charakterzug angenommen. Eins können wir aber sicher sagen- Spielzeuge sind nett, aber mit Freunden spielen noch viel netter...

 

Fütterung

 

 

 



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